incl. Deutsch, Deutsche / Deutscher, Deutschland
vgl auch → hierzulande, Land, LUTHER (D. theol. Martin), Sprache, sprechen, Staat, Volk
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Hierzulande gilt ein Mensch als erwachsen,
sobald er für schwachsinnig gehalten wird,
wenn er Fremde anlacht.
(artur: Aphorismen eines Einsiedlers 1, 1997, Nr 87)
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Deutsche Neujahrsnacht:
fahrlässige Körperverletzung an
kleinen Kindern, Kranken und Alten
sowie Tierquälerei.
(artur: Aphorismen eines Einsiedlers 1, 1997, Nr 105)
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Weshalb steht Waterloo
hierzulande nicht für einen Sieg,
sondern für eine Niederlage?
(artur: Aphorismen eines Einsiedlers 1, 1997, Nr 132)
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GOETHE gilt hierzulande
als der größte Dichter,
weil sich seine Kritiker
noch für viel größer halten;
wie aktuell doch
das Märchen vom Zaunkönig ist.
(artur: Aphorismen eines Einsiedlers 1, 1997, Nr 164)
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Wie leichtfertig die Menschen
hierzulande richten,
zeigt sich bereits darin,
daß sich kaum jemand etwas dabei denkt,
einen anderen Menschen
„Selbstmörder“ zu nennen.
(artur: Aphorismen eines Einsiedlers 1, 1997, Nr 172)
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Die hiesige Lesekultur
ist dadurch gekennzeichnet,
daß die meisten Menschen
höchstens noch die Kraft haben,
sich von der Spreu zu nähren;
entsprechend ist der Gesundheitszustand
der deutschen Sprache.
(artur: Aphorismen eines Einsiedlers 1, 1997, Nr 187)
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Die meisten Häuser,
die seit dem letzten Kriege
hierzulande gebaut wurden,
haben nur noch Fassaden,
aber keine Gesichter.
(artur: Aphorismen eines Einsiedlers 1, 1997, Nr 200)
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Bei der deutschen Eisenbahn
wird RATIO großgeschrieben:
Ständig werden Strecken,
Arbeitnehmer und Kunden
wegRATIOnalisiert.
(artur: Aphorismen eines Einsiedlers 1, 1997, Nr 205)
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Wer die Lutherbibel nicht
gelesen hat,
der sollte sich hierzulande weder Atheist
noch Schriftsteller nennen.
(artur: Aphorismen eines Einsiedlers 1, 1997, Nr 208)
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Wo gibt es hierzulande noch
Abendfrieden?
(artur: Aphorismen eines Einsiedlers 1, 1997, Nr 266)
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Schichtarbeiter sind hierzulande
vergessene Menschen.
Wir brauchen sie;
aber wer nimmt auf ihr Schlafbedürfnis
Rücksicht?
(artur: Aphorismen eines Einsiedlers 1, 1997, Nr 316)
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Frage einen Einheimischen,
ob es den Menschen
hierzulande und heutzutage bessergeht
als denen vor 100 Jahren,
so wird er es ohne Zögern bejahen;
fragst du ihn aber,
ob sie nun auch glücklicher sind,
so wird er längere Zeit
nachdenken müssen.
(artur: Aphorismen eines Einsiedlers 1, 1997, Nr 358)
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Die Todessehnsucht ist hierzulande
weit verbreitet; denn weshalb sonst
hetzen sich so viele Menschen ab,
dem Tode näher zu kommen?
(artur: Aphorismen eines Einsiedlers 1, 1997, Nr 386)
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Die Taubheit ist hierzulande
weiblichen Geschlechts,
denn von ihr werden vornehmlich
Frauen heimgesucht, sobald ihnen
mit logischen Argumenten
widersprochen wird?
(artur: Aphorismen eines Einsiedlers 1, 1997, Nr 415)
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Unter dem deutschen „Mit-“
klaffen oft breite Gräben:
Mitarbeiter, Mitbürger, miteinander,
Mitgefühl, Mitläufer, Mitleid, Mitmensch,
Mitschuld, Mitsprache, ...
(artur: Aphorismen eines Einsiedlers 1, 1997, Nr 424)
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Nur den Toten wird hierzulande
ein Denkmal gesetzt.
(artur: Aphorismen eines Einsiedlers 1, 1997, Nr 477)
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Weshalb gibt es hierzulande
zwar Wilhelm-Busch-Schulen,
aber keine Max-und-Moritz-Schule? –
Weil Humor hier ein fremdes Wort ist.
(artur: Aphorismen eines Einsiedlers 1, 1997, Nr 501)
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Warum haben so viele
deutsche Literaturkritiker
(ausgenommen ...)
so viel im Schaufenster
und so wenig im Regal und im Lager?
(artur: Aphorismen eines Einsiedlers 1, 1997, Nr 516)
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Sehen es hierzulande die Herrschenden
noch immer gerne,
wenn bereits Minderjährige
nikotin- und alkoholsüchtig werden?
(artur: Aphorismen eines Einsiedlers 1, 1997, Nr 528)
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Länderspiele gelten hierzulande
nicht als LänderSPIELE,
sondern als LÄNDERspiele.
(artur: Aphorismen eines Einsiedlers 1, 1997, Nr 533)
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Seine Art,
mit der deutschen Sprache umzugehen,
stellte manche Leser immer wieder vor die Entscheidung,
entweder in seinem Buch nicht mehr weiterzulesen oder
den Autor auf Zahlung von Schmerzensgeld
zu verklagen.
(artur: Aphorismen eines Einsiedlers 1, 1997, Nr 540)
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Es gebe hierzulande keinen Rassismus?
Warum bildet sich dann mancher
etwas darauf ein, daß sein Landsmann
einen Preis gewonnen hat?
(artur: Aphorismen eines Einsiedlers 1, 1997, Nr 544)
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Es ist hierzulande gerecht eingerichtet:
Es wird nur der geehrt,
der Ehre braucht.
(artur: Aphorismen eines Einsiedlers 1, 1997, Nr 551)
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Dachdecker und Zimmermann
sind Berufe mit Zukunft;
denn hierzulande scheinen die meisten
Menschen einen Dachschaden zu haben.
Wer’s nicht glaubt, braucht lediglich
einen Jahreswechsel durchzumachen.
(artur: Aphorismen eines Einsiedlers 1, 1997, Nr 554)
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Wie tierlieb die meisten Menschen
hierzulande sind,
kannst du an den Kadavern sehen,
die jeden Tag neu
die Straßen schmücken.
(artur: Aphorismen eines Einsiedlers 1, 1997, Nr 569)
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Weiter so, Deutsches Arm?
(artur: Aphorismen eines Einsiedlers 1, 1997, Nr 573)
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Dieses Volk sei keines mehr
der Dichter und Denker?
Geht nur mal in bestimmte Gaststätten!
Dort findet ihr auf der Speisekarte
ein erdichtetes Gericht,
ihr bestellt und bezahlt es,
erhaltet aber nur einen Teil, –
den Rest müßt ihr euch denken.
(artur: Aphorismen eines Einsiedlers 1, 1997, Nr 574)
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Was ist hierzulande in den letzten 40 Jahren
schöner geworden?
(artur: Aphorismen eines Einsiedlers 1, 1997, Nr 582)
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Stell dir vor,
Charles Dickens wäre ein Deutscher,
GOETHE ein Engländer gewesen;
wer würde sie heute noch kennen?
(artur: Aphorismen eines Einsiedlers 1, 1997, Nr 586)
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Er war ein typisch deutscher Tierfreund:
Er hielt einen Vogel im Käfig,
30 Fische in einem Aquarium,
schenkte seiner Frau zu besonderen Anlässen
einen Pelzmantel,
liebte Feuerwerk, Jagd und Pflanzenschutz,
spendete für den Zoo,
überfuhr jedes Jahr einen Igel, einen Vogel
sowie Hunderte von Käfern, Schnecken und Ameisen.
Ganz besonders aber fanden Tierbilder
aus bis dahin unberührten Naturräumen
seinen Beifall.
Und Brot,
das einen Tag alt war,
verfütterte er gerne
an Enten, Vögel und Ratten,
auch wenn er letzteres in seiner Bescheidenheit
niemals zugeben wollte.
(artur: Aphorismen eines Einsiedlers 1, 1997, Nr 596)
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Einen Karl Valentin wird
es
hierzulande nie wieder geben;
denn die heutigen Zuschauer brauchen
einen Kabarettisten als Beweis
ihres eigenen geistigen Niveaus.
Ein Naturtalent gilt nicht als standesgemäß,
wird verachtet und wird davongejagt.
(artur: Aphorismen eines Einsiedlers 1, 1997, Nr 608)
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Wirtschafts- und Umweltverbrechen −
hierzulande
eine harmlose Verkleinerungsform?
(artur: Aphorismen eines Einsiedlers 1, 1997, Nr 643)
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Die Zahl derer, die hierzulande
ihren Dank stillschweigend gewähren,
hat stillschweigend zugenommen.
(artur: Aphorismen eines Einsiedlers 1, 1997, Nr 645)
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Die Leser,
die JEAN PAUL zu schätzen wissen,
sterben aus –
wie die deutsche Sprache.
(artur: Aphorismen eines Einsiedlers 1, 1997, Nr 652)
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Mißtrauen ist hierzulande weiter verbreitet
denn Rheuma oder Krebs.
(artur: Aphorismen eines Einsiedlers 1, 1997, Nr 654)
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Es ist traurig,
wenn die Literaturkritik hierzulande
Heiterkeit verachtet.
(artur: Aphorismen eines Einsiedlers 1, 1997, Nr 661)
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Jeder Leser darf es rot
im Kalender anstreichen,
wenn er bei der Lektüre eines Buches
aus der Feder eines deutschen Schriftstellers gelacht hat.
Ich achte, niemand wird sich davon
einen Schreibkrampf
oder gar ein Hühnerauge holen.
(artur: Aphorismen eines Einsiedlers 1, 1997, Nr 724)
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Noch immer verdammen und verurteilen
hierzulande Politiker und Diplomaten
im Namen ihres Volkes ein anderes Volk,
nur weil es unter diesem einen Politiker gibt,
der nicht so ist, wie sie selber es sein sollten.
Ich schäme mich
meiner Staatsangehörigkeit.
(artur: Aphorismen eines Einsiedlers 1, 1997, Nr 729)
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Hierzulande gilt es
noch immer als rechtsstaatlich,
den Menschen einzusperren,
der sich für den Frieden eingesetzt hat,
dagegen Schurken,
die Haß und Krieg fordern,
mit Ehren zu überhäufen?
(artur: Aphorismen eines Einsiedlers 1, 1997, Nr 736)
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Seltsam! Hierzulande handle ein Reicher
selbst dann aus edlen Motiven, wenn er seine
Mitmenschen betrügt, Steuern hinterzieht
oder Staatsdiener besticht;
dagegen handle ein Armer selbst dann aus
niedrigen Beweggründen, wenn er Gutes tut.
Aber warum wehren sich hierzulande
dann die Reichen so sehr dagegen,
etwas von ihrem Reichtum an die Armen
abzugeben, damit auch diese
zu edlen Menschen werden?
(artur: Aphorismen eines Einsiedlers 1, 1997, Nr 747)
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Arbeitslosigkeit bekämpfen? –
Ganz einfach: Die bisherigen Arbeitslosen
unter 40 Jahren werden den Schülern,
Studenten und Erziehenden zugerechnet,
die älteren den Selbständigen und Invaliden.
Und schon sind die Arbeitslosen
statistisch bekämpft und besiegt –
wie schon so oft hierzulande.
(artur: Aphorismen eines Einsiedlers 1, 1997, Nr 765)
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Militärübungen dienten hierzulande
ausschließlich der Landesverteidigung;
aber warum wird dann so oft
das Angreifen geübt?
(artur: Aphorismen eines Einsiedlers 1, 1997, Nr 769)
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Wer „Verbrecher“ genannt wird,
gehört einer Minderheit an.
So ist es hierzulande möglich,
daß ein Mensch,
der nur eine Kleinigkeit gestohlen hat,
über seinen Tod hinaus
als „Dieb“ verdammt wird.
Wer dagegen einen großen Betrag
an Steuern „hinterzogen“ hat,
wird schwerlich überhaupt
als „Verbrecher“ bezeichnet werden;
sondern er gilt als „normal“
und der herrschenden Meinung angepaßt.
(artur: Aphorismen eines Einsiedlers 1, 1997, Nr 846)
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Selbst wenn Feuerwerker
ihre Erzeugnisse „Naturfeind“,
„Vogelschreck“ oder „Gift“ nennen,
wird deren Umsatz hierzulande
weiter steigen.
(artur: Aphorismen eines Einsiedlers 1, 1997, Nr 867)
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Frauen scheinen hierzulande
als käuflich zu gelten,
denn auf vielen Werbeplakaten werden sie
derart in den Vordergrund gestellt,
als solle der Kunde nicht ein Produkt,
sondern die Frau kaufen.
(artur: Aphorismen eines Einsiedlers 1, 1997, Nr 871)
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Werden also hierzulande
diejenigen Menschen am höchsten bezahlt,
die den größten Schaden anrichten?
(artur: Aphorismen eines Einsiedlers 1, 1997, Nr 891)
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Behördlich grau der Vorstand blickt
auf das, was seine Post verschickt,
und stöhnt: „Wie werden wir doch bloß
die Arbeit und die Kunden los!“
und jubelt voller Eigennutz
ob Preiszuwachs und Umweltschmutz,
nennt Folgen eigner Bummelei
kurz „Schicksalsschlag“ ganz sorgenfrei,
schweigt sich zu Zahlen gerne aus,
liebt bunte Bilder überaus,
lehnt selbstgefällig sich zurück:
Die Deutsche Post – ein Sammlerstück?
(artur: Aphorismen eines Einsiedlers 1, 1997, Nr 963)
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Die Fortform der deutschen Schreibe
sollte ein voller Verlagserfolg werden.
(artur: Aphorismen eines Einsiedlers 1, 1997, Nr 972)
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Gibt es hierzulande eine Gedenkstätte
für die Hunderttausende
von „Verkehrsopfern“?
(artur: Aphorismen eines Einsiedlers 1, 1997, Nr 975)
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Nichts ist gefährlicher denn ein Dichter?
Und als der letzte Dichter
die deutsche Sprache
ins Grab genommen,
wußten sich die Menschen hierzulande
nichts mehr zu sagen.
Nichts ist gefährlicher
denn ein Dichter!
(artur: Aphorismen eines Einsiedlers 1, 1997, Nr 988)
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