Überblick MamM 480 bis 500

     

   481  Wege zum Glück
   482  Von einer, die auszog, das Freuen zu lernen
   483  Der Tüdeltünnes
   484  Hofrichter {i033}
   485  Der Nachfolger {i034}

     

   486  Friederike und Friedegunde
   487  Judas {i035}
   488  Das Testament
   489  Wegda
   490  Hilmar Hitzig

     

   491  Zottel
   492  Die Sonnenblume {i036}
   493  S. D. G. {i037} (*21.9.2008)
   494  Nachtmeister Stropp und die schrecklichen Räuber {s021}
   495  Nachtmeister Stropp und die Massenmörder? {s022}

     

   496  Willbert {i038}
   497  Hier und dort {i039}
   498  Segen? {i040}
   499  Nachtmeister Stropp entrüstet – entwaffnend {s023}
   500  Nachtmeister Stropp und der Tagedieb {s024}

     

    


MamM 493  S. D. G.

„Wie einen Dreck behandeln sie mich!“ schimpfte der Küster.  „Wie den letzten Dreck!
     Der Alte von der Halbinsel sagte dazu nichts, musterte aber seinen Besucher.  Nun ja, fleckenrein war die Hose nicht, ungebügelt das Hemd und das Gesicht rasiert so, ja so, wie ein Bauer sein Kornfeld mäht.  Für das Porträt eines ehrwürdigen Bürgers hatte der Küster gewiß noch nie Modell gesessen.
     „Dabei tue ich soviel Gutes!“ fuhr der Küster fort.  „Aber niemand nimmt Notiz davon.
     „Ach“, tat der Alte verwundert, „du bist Wohltäter ehrenhalber?  Ja, dann –“
     „Was ja dann?“ fragte der Küster.
     So richtig ging der Alte nicht darauf ein, denn – er dachte weiter, und zwar laut:  „Wo du doch sozusagen an der Quelle sitzt.
     „An der Quelle?
     „Ja, denn als Küster läutest du doch die Glocken –“
     „Was haben Glocken mit meiner Anerkennung zu tun?
     „Du willst doch, daß deine guten Werke gesehen werden?
     „Freilich!“ bestätigte der Küster.  „So steht es doch in der Schrift: Lasset eure guten Werke leuchten, auf daß sie von den Menschen gesehen werden.  Und setzet’s nicht unter einen Scheffel und behaltet’s auch nicht im Schweißtuch.
     „Was den Klang sehr dämpfen täte“, folgerte der Alte schmunzelnd.
     „Klang?“ wunderte sich der Küster.
     „Ja, Klang“, wiederholte der Alte, „denn wenn du zu Ehren gelangen willst, warum nutzt du dazu nicht dein Amt?
     „Mein Amt?“ Der Küster begriff nichts.
     „Warum läutest du nicht jedes Mal die große Glocke, wenn du etwas Gutes getan hast?  Das müßte doch gehört werden.
     „Ihr meint, ich soll –“ Beim Küster schien ein Groschen in die Dämmerung zu fallen.  „Ja, ja!  Das ist eine gute Idee!  Daß ich darauf noch nicht selbst gekommen bin!  Gleich will ich –“  Und ohne Dank und Lebewohl eilte er von dannen.
     Ich mag den Klang der Glocken.  So er harmonisch ist.  Und mich nicht aus dem Schlaf reißt.  Aber ich kann auch verstehen, daß nicht jeder bei ihrem Klang freudiger gestimmt wird.  Und daß es zu einem Maß auch ein Übermaß gibt.
     Jedenfalls läutete in den nächsten Tagen eine bestimmte Glocke am Jardinisee etwas häufiger als sonst.  Ja, mancher hätte dieses „etwas“ sogar weggelassen.
     Und lange dauerte es nicht, da erhielt der Alte erneut Besuch.  Vom Küster!
     „Das war kein guter Rat, den Ihr mir da gegeben habt!“ begann der Küster ohne Umschweife.
     „So?“ schien der Alte sich zu wundern.
     „Den Küster Bimmelbamm nennen sie mich bereits!  Ach, was heißt nennen;  verspotten tun sie mich!  Natürlich habt Ihr recht gehabt, gehört worden bin ich.  Bekannter geworden auch.  Wie ein bunter Hund sogar!  Aber Anerkennung?  Die hört sich anders an!  Wozu dieses Aufsehen?  Was ich denn Besonderes getan hätte?  Das sei doch selbstverständlich.  Das sei Christenpflicht.  Das tue doch jeder.  Ich sei wohl verrückt geworden.  Und – und – und – viel Neid!
     „Aber so sind doch deine guten Werke nun in aller Munde“, schien der Alte die Klagen nicht zu begreifen.  „Das wolltest du doch, nicht wahr?
     „Aber wie!“ beschwerte sich der Küster.  „Ich mußte reden, reden, reden, mich rechtfertigen und –  Ja, vor lauter Reden komme ich gar nicht mehr dazu, etwas Gutes zu tun.
     „Ach“, versuchte der Alte ernsthaft zu bleiben. „Das hast du entdeckt?  Je mehr du über deine guten Werke redest, desto weniger hast du Zeit, sie zu tun?  Das ist eine seltene Einsicht!  Also hat sich mein Rat doch gelohnt?
     „Wie?  Ich versteh’ Euch nicht recht!
     „Hast du beim Läuten der großen Glocke denn auch einmal nach oben geschaut?
     „Nein, wieso?
     „Meines Wissens ist in eure Glocke etwas eingraviert.  Und wenn du’s nicht zu deuten weißt, dann frag eben deinen Pfarrer.
     Was dort eingraviert war, willst du wissen?  3 Buchstaben: S. D. G.  Wofür sie stehen?  Soli Deo Gloria.  Was sie bedeuten?  Ach so, der Pfarrer wlrd's immer weniger, erst recht derer, die dafür noch Zeit haben.  Also, S. D. G. bedeutet: Gott allein die Ehre!  Und vor etliche Jahren habe ein Komponist gelebt, der das noch gewußt hat.
© Stiftung Stückwerken, *21.9.2008, freigegeben am 10.7.2024
Qouz-Note: 3-

     

    
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