trauern

incl.  Trauer,  Trauerkleidung
vgl auch  → Abschied,  beerdigen,  begraben,  beklagen,  bekümmern,  Einsamkeit,  Friedhof,  Gefühl,  Gemüt,  Grab,  Grabrede,  klagen,  kleiden,  Kummerhöhle,  Lebenskunst,  mangeln,  niederschlagen,  schwarz,  seufzen,  Tal,  Tiefe,  Tod,  Tote / Toter,  Träne,  Trauerfeier,  Trauermusik,  Traurigkeit,  Trost,  trostlos,  Trübsal,  verlassen,  verlieren,  Verstorbene / Verstorbener,  weinen,  Witwe / Witwe;
Freude,  Fröhlichkeit,  glücklich,  Heiterkeit,  lachen,  Lebensfreude,  lobsingen,  Seligkeit

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Abend

Der schnelle Tag ist hin, die Nacht schwingt ihre Fahn’
und führt die Sterne auf.  Der Menschen müde Scharen
verlassen Feld und Werk;  wo Tier und Vögel waren,
trau’rt jetzt die Einsamkeit.  Wie ist die Zeit vertan!
Der Port naht mehr und mehr sich zu der Glieder Kahn.
Gleich wie dies’ Licht verfiel, so wird in wenig’ Jahren
ich, du und was man hat und was man sieht, hinfahren.
Dies Leben kommt mir vor als eine Renne-Bahn.
Laß, höchster Gott, mich doch nicht auf dem Laufplatz gleiten,
laß mich nicht Ach, nicht Pracht, nicht Lust, nicht Angst verleiten!
Dein ewig heller Glanz sei vor und neben mir!
Laß, wenn der müde Leib entschläft, die Seele wachen.
Und wenn der letzte Tag wird mit mir Abend machen,
so reiß mich aus dem Tal der Finsternis zu dir.
(Andreas GRYPHIUS: Freuden vnd Trauer-Spiele auch Oden vnd Sonnette sampt Herr Peter Squentz Schimpff-Spiel.
Sonnette. Das Ander Buch, 1658, S. 30)

 

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Der Mensch ist an das Gesetz
der Zeit gebunden.
Er kann nicht über mehrere Angelegenheiten
gleichzeitig nachdenken.
Ein Glück für uns,
denn wie könnten wir sonst
Trauer, Schmerzen, Leidenschaften,
Ärger etc. überwinden!
(artur: Aphorismen eines Einsiedlers 1, 1997, Nr 153)

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Trauerkleidung
hat noch niemanden getröstet.

{Glosse:

Ausgenommen Handwerk und Handel.}

(artur: Aphorismen eines Einsiedlers 1, 1997, Nr 395)

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Trauer zu tragen, das bedeutet nicht,
sich von dieser gefangennehmen zu lassen.
Sondern wir wollen nach Kräften versuchen,
durch neue Eindrücke und Aufgaben
die Trauer in die Vergangenheit zu drängen;
Eindrücke und Aufgaben,
die unsere Sinne und unser Denken ganz ergreifen.
Und durch den gewonnenen Abstand
wird das Leid kleiner,
und wir können die nötigen
neuen Kräfte sammeln.
Und wir erleben auch
die Wahrheit in dem Satz:
Selig sind, die da Leid tragen, –
weil eine Hand da ist,
die uns hält
und anrührt,
auch andrer Leid mitzutragen.
(artur: Aphorismen eines Einsiedlers 1, 1997, Nr 675)

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Trauern wir ob der forschenden Blicke
unserer Mitmenschen
oder um den eigenen Verlust,
oder trauern wir um
und für den Verstorbenen?
In wie vielen Antworten auf diese Frage
mag wohl ein „und“ enthalten sein!
(artur: Aphorismen eines Einsiedlers 1, 1997, Nr 677)

 

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