Abendmahl

incl.  Eucharistie
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Es ist immer so, Andres,
die Hauptpunkte einer Religion sind verhüllt und zugedeckt;
und so ist das heilige Abendmahl allerdings ein Geheimnis.
{...}
Wie es nun überhaupt mit Geheimnissen ist:
Wer sie nicht weiß, der erklärt sie,
und wer sie erklärt, der weiß sie nicht.
Erzwingen und mit Gewalt nehmen lassen sie sich nicht;
wer sie aber zu verdienen sucht und
sich den Besitzer zum Freunde zu machen weiß,
der erfährt sie bisweilen.
{...}
Wir mögen nun verstehen oder nicht verstehen,
was der Leib und das Blut Christi sei;
nach der Bibel muß der Mensch sie genießen und
ihrer teilhaftig werden,
wenn er genesen will.
{...}
Daß die ganze Sache über unsre Einsicht ist
und wir sie nicht verstehen,
ist nicht wi{6.204||6.205}der sie.
Denn sie soll nicht Menschenwitz und -werk sein; {...}
Und wenn in dieser Sache ein Wille erscheint,
der mit unbegreiflicher Erbarmung will,
so kann es nicht befremden,
wenn kein Verstand ihm gewachsen ist.
{... {6.205||6.206} ...};
aber die Sache kommt von guter Hand.
{...}
Andres, der Abschied des Sokrates aus der Welt
war sehr schön und rührend;
auch als Sokrates mit seinen Jüngern ausgeredet hatte und
den Giftbecher nun ansetzte und trank,
weinten sie und warfen sich an die Erde.
Aber hier ist mehr als Sokrates;
hier ist die Herrlichkeit Gottes;
{... {6.206||6.207} ...}
{... {6.207||6.208} ...}
{... {6.208||6.209} ...}
{... {6.209||6.210} ...}
{... {6.210||6.211} ...}
Er {Jesus} hatte in der Schule zu Kapernaum,
als er von den Kräften seines Leibes und Blutes redete,
den Genuß derselben ausschließlich
als das Mittel des Lebens
und einer ewigen Vereinigung mit ihm gesetzt;
{...}
{Glosse:
Wer die Sprache von Mattias Claudius liebt,
wird auch Wege finden,
den ganzen Brief zu lesen.}
(aus: Matthias CLAUDIUS:
7. Brief an Andres;  in:
ASMUS omnia sua SECUM portans, oder
Sämtliche Werke des Wandsbecker Boten, 6. Teil,
(Selbstverlag Matthias Claudius)
{Hamburg-}Wandsbeck x.1.1798,
S. 6.204-6.211)

                           

                  

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Ein Winterabend
1
Wenn der Schnee ans Fenster fällt,
lang die Abendglocke läutet,
vielen ist der Tisch bereitet,
und das Haus ist wohlbestellt.
2
Mancher auf der Wanderschaft
kommt ans Tor auf dunklen Pfaden.
Golden blüht der Baum der Gnaden
aus der Erde kühlem Saft.
3
Wanderer tritt still herein;
Schmerz versteinerte die Schwelle.
Da erglänzt in reiner Helle
auf dem Tische Brot und Wein.
                           
(2. Fassung in: Sebastian im Traum, (Verlag Kurt Wolff) Leipzig-L 1915, S. 30)
(Georg TRAKL,

*3.2.1887 Salzburg-S/A;
3.11.1914 Krakau = Kraków-KR/PL

angeblich durch  Überdosis Kokain nach Kriegseindrücken)
{ein unfaßbares, kerzendes Abendmahlsgedicht;
nicht nur für viele,
sondern erquickend für alle Menschen!
KalenderQouz, *6.11.2023}

                  

                         

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